Was ist Disziplin?

Der lateinische Satz „per aspere ad astra“ heißt frei übersetzt: auf rauen Wegen zu den Sternen. Wer (s)einem Stern folgt, muss Freude an dem haben, was er tut, aber er muss auch bereit sein, den einmal eingeschlagenen Weg weiterzugehen, wenn dieser mal steinig und beschwerlich wird. Das nennt man Disziplin: die Fähigkeit, eine gewisse Härte gegen sich selbst aufzubringen, statt beim ersten Widerstand gleich halt zu machen, umzudrehen oder wegzulaufen. Ein disziplinierter Mensch bringt den nötigen Willen, Arbeitseifer und Optimismus auf, um dahin zu kommen, wo er sein will. In diesem Sinne ist „Disziplin“ also eine charakterliche Eigenschaft. Aber das ist nur ein Teil der Wortbedeutung.

Mit dem Wort „Disziplin“ beschreiben wir nicht nur die charakterlichen Eigenschaften eines Menschen, der eine bestimmte Sache betreibt, sondern auch die Eigenschaften dieser Sache selbst. In diesem Sinne ist beispielsweise in der Leichtathletik von einzelnen „Disziplinen“ wie Kugelstoßen oder Weitsprung die Rede. Wir sagen: der 100-Meter-Lauf ist die „Königsdisziplin“ in der Leichtathletik. Oder: der Essay ist die „Königsdisziplin“ des Journalismus. Auf vergleichbare Weise ist im akademischen Kontext von verschiedenen einzelwissenschaftlichen Disziplinen die Rede. Die jeweilige Disziplin legt die Methode (methodis = Vorgehen) des jeweiligen Fachs fest: Die mathematische Disziplin besteht darin, einen Beweis zu führen, die historische darin, die Quellen zu studieren, die philosophische darin, zu argumentieren. Die jeweiligen Disziplinen richten sich dabei nicht nach dem Charakter des einzelnen Wissenschaftlers, sondern nach dem Wesen der Wissenschaft.

Wie hängen nun diese beiden Bedeutungen von Disziplin, als Eigenschaft des Charakters und Eigenschaft der Sache, zusammen? Die Antwort ist einfach: Disziplin, wohlverstanden, ist Hingabe. Wer sich einer Sache hingibt – einer Wissenschaft, einer beruflichen Aufgabe, einer sportlichen Herausforderung –, will sie möglichst gut machen. Dafür reicht es aber nicht aus, nur das zu tun, was man schon kann. Ohne hartes Training reichen die Fähigkeiten des talentiertesten Fußballers nicht einmal aus, um erfolgreich in der Oberliga zu spielen. Das ist in allen Bereichen des Lebens so. Es genügt nicht, im Prinzip fähig zu sein, eine bestimmte Sache gut zu machen. Das sind viele. Man muss auch bereit und willens sein, das zu tun, was die Sache selbst von einem verlangt.

Je mehr wir uns auf ein Ziel fokussieren, desto disziplinierter sind wir bei der Sache, und umgekehrt, je weniger wir bei der Sache sind, desto mehr verlieren wir das Ziel aus den Augen. „Er steht nicht auf dem Platz“, heißt es dann im Falle eines Sportlers, der sein Spiel von Dingen beeinflussen lässt, die mit dem Spiel selbst nichts zu tun haben, und dafür im Handumdrehen die Quittung bekommt: in Form einer Niederlage.

So richtig es ist, dass es je nach Aktivität verschiedene Arten von Disziplin gibt, über die man nicht pauschalisierend urteilen kann, so richtig ist es aber auch wieder, dass es nur eine Disziplin gibt, die sich auf unterschiedliche Weise ausprägt: die Disziplin, sich aufs Wesentliche zu konzentrieren! Fragen Sie sich deshalb bei allem, was sie tun: Worauf kommt es an? Was ist das Wesentliche, das ich tun muss, um mein Ziel zu erreichen? Disziplin heißt, mit Hingabe bei der Sache sein. Alle Ablenkungen und äußeren Einflüsse auf ein Minimum zu reduzieren; schlicht und einfach gut zu arbeiten. Disziplin ist der Schlüssel zum Erfolg. Das gilt nicht nur für den Sport, sondern für alle Lebensbereiche. Wer diszipliniert arbeitet, wird Tag für Tag mit kleinen Erfolgserlebnissen belohnt, an denen er mental wächst und die in der Summe den Unterschied ausmachen.

Auszug aus dem Buch ANSTIFTUNGEN ZUM GUTEN LEBEN von Abdullah Sinirlioglu und Karen Plättner: Zum Shop

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